Seit ein paar Jahren ist auch Microsoft in den Markt der Virtualisierungsanbieter eingestiegen. Microsoft nennt seine Virtualisierungstechnologie Hyper-V. Diese ist seit Windows 8 in allen Windows Varianten (bis auf Home) enthalten. Zudem bietet Microsoft einen dezidierten Server an. Der Microsoft Hyper-V Server, aktuell in der Variante Hyper-V Server 2019, basiert auf dem Core-Server des Windows Server 2019. Die Cloudinfrastruktur Azure Cloud von Microsoft, basiert weitestgehend auf dieser Technologie.
Der Hyper-V Server 2019 selber ist kostenfrei. Alle auf einem Hyper-V Server 2019 betriebenen Windows-VMs müssen separat lizensiert werden. Aufgrund seines kostenlosen Einsatzes liegen lizenztechnische Einschränkungen vor: Auf dem Server dürfen keine Dienste oder keine Software ausgeführt werden, die nicht für den stabilen Betrieb nötig sind. Dazu gehören z.B. Dateidienste (Dateifreigaben). Ein Drittanbieterprodukt, z.B. Veeam, das für die Sicherung benötigt wird, dürfen installiert werden.
Bei Microsofts Hyper-V Server 2019 handelt es sich um einen sogenannten Typ-1 Virtualisierer. Der Typ-1 Virtualisierer, als Host oder auch als Managementsystem genannt, hat eine sehr enge Anbindung an die Hardware. Sein Vorteil ist es, dass Hardwareressourcen nahezu ohne Leistungseinbußen an die virtuellen Maschinen weitergegeben werden können.
Eine Besonderheit besteht bei der Verwendung in Windows 8/8.1/10 und Windows Server 2016/2019 Standard/Datacenter. Nach der Installation von Hyper-V als Rolle, wird das Host-Betriebssystem ebenfalls in eine VM umgewandelt. Das Host-Betriebssystem ist quasi die VM 0. Der Benutzer bekommt von dieser Umwandlung nichts mit. Augenscheinlich läuft Windows unverändert weiter.
Der Microsoft Hyper-V Server 2019 ist ein Core-Server und hat daher keine graphische Oberfläche sondern nur eine textbasierte Oberfläche in der Kommandozeile (CMD). Trotz der textbasierten Bedienung bringt Hyper-V Server 2019 (nahezu) alle Verwaltungsoptionen mit, die in der Standard/Datacenter Versionen zu finden ist. Diese Funktionen werden entweder über das Windows Admin Center, den Windows Server Manager oder die PowerShell verwendet. Zur Verwaltung der auf dem Server laufenden VMs kann ebenfalls auf eine graphische Oberfläche zurückgegriffen werden. Die Hyper-V Verwaltungstools können in Windows 8/8.1/10 (Home Version ausgeschlossen) einfach nachinstalliert werden. Hyper-V wird nicht auf dem Rechner benötigt.
(Virtuelle) Hardware in Hyper-V
In den nachfolgenden Abschnitten erläutere ich verschiedene Aspekte der Hardware von virtuellen Systemen.
Virtuelle Festplatten
Als Datenspeicher, sogenannten virtuellen Festplatten, kommen in Hyper-V .vhd(x) Dateien zum Einsatz. Bei virtuellen Festplatten handelt es sich um Dateien, die sich in virtualisierten Umgebungen wie physische Festplatten verhalten. Auf ihnen können verschiedene Partitionen erstellt werden. Ebenso ist es möglich, von diesen zu booten. Der Vorteil von virtuellen Festplatten ist, dass als dynamische Festplatten angelegt, sich ihre Größe erst mit zunehmender Befüllung ändert. Das hat den Vorteil, dass sie am Anfang weniger Speicher auf dem System benötigt, als die darauf vorhanden Partitionen eigentlich groß wären.
Eine weitere Besonderheit ist es, dass sie bei Bedarf erweitert werden können, ohne weitere Hardware einbauen zu müssen. Solange es der freie Speicher auf dem Host es zulässt, kann eine dynamische virtuelle Festplatte unkompliziert entweder über die GUI oder die PowerShell erweitert werden..
Unterscheidung vhd <-> vhdx
Virtuelle Festplatten vom Typ .vhd(x) lassen sich in jedem Windows ab Version 8 einfach per Doppelklick mounten. Der Unterschied zwischen .vhd und .vhdx liegt lediglich in der maximal möglichen Größe, sowie der Performance. Es empfiehlt sich, den neuen Typ .vhdx einzusetzen.
Performance von virtuellen Festplatten
Die Performance der virtuellen Festplatte hängt zu einem großen Teil von dem im Server real verbauten Festplattentyp und der aktuellen Auslastung ab. Dabei entstehen bereits unterschiede dadurch, ob es sich um SATA, SAS Festplatten oder SATA- bzw. NVMe-SSDs handelt.
Storage Spaces
Microsoft hat in den Hyper-V Server 2019, ebenso wie in die großen Geschwister, eine Funktion namens Storage Spaces integriert. Dabei handelt es sich um ein software defined storage (SDS), eine Art Software-RAID. Mit Hilfe dieser Funktion können (virtuelle) Festplatten in Windows zu einem RAID (0/1/5/6) zusammengefügt werden. Zusätzlich zu dieser RAID-Funktionalität, lassen sich verschiedene Festplattentypen (HDD und SSD) zu einem gemeinsamen Verbund zusammenfügen. Daten, die häufig benötigt werden, lagert die Funktion automatisch auf die schnellen SSDs aus. Daten die wenig gebraucht werden verbleiben auf der HDD. Der Benutzer merkt im ersten Moment nichts davon, er sieht nur die angelegte Partition.
Natürlich ist es auch möglich einer VM eine ganze physische Festplatte des Servers zuzuweisen. Die einzige Voraussetzung hierfür ist, dass sie im Host-System offline geschaltet wird. Wie auch bei virtuellen Festplatten kann jede physische Festplatte nur einer VM zeitgleich zugewiesen werden.
Netzwerk in Hyper-V
Ein sehr wichtiger Faktor bei heutigen Systemen ist das Netzwerk. Fast kein Rechner kommt mehr ohne Netzwerkverbindungen aus; auch keine virtualisierten Systeme. Microsoft hat in Hyper-V verschiedene Typen von Netzwerkadaptern implementiert. Das ganze lässt sich schon fast als SDN (software defined network) beschreiben. Es gibt drei Haupttypen, einer davon basiert auf einer physischen Verbindung zum (Firmen-) Netzwerk, zwei sind virtuelle Typen:
- Extern: Ein in dem Host-Server eingebauter physischer Netzwerkadapter wird mitbenutzt oder von dem Adaptertyp exklusiv verwendet. Die angeschlossene VM benötigt hierbei eine eigene IP, die entweder über DHCP bezogen oder manuell vergeben wird. Eine Kommunikation ins (Firmen-) Netzwerk und ins Internet ist möglich. Der Netzwerkadapter wird klassisch mit einem Netzwerkkabel mit dem restlichen Netzwerk verbunden.
- Intern: Dieser Typ Netzwerkadapter lässt nur Netzwerkzugriffe zwischen den VMs und dem Host selber zu. Clients aus dem (Firmen-) Netzwerk können die VMs nicht erreichen oder erreicht werden. Damit ist auch kein Zugriff auf das Internet über diesen Adaptertyp möglich. Jede VM benötigt wie in jedem Netzwerk auch hier ihre individuelle IP. Es handelt sich hierbei um einen virtuellen Netzwerkanschluss, keinen physischen.
- Privat: Dieser Adaptertyp lässt ausschließlich Kommunikation zwischen den VMs zu. Kommunikation mit externen Clients, dem Internet oder sogar dem Host sind nicht möglich. Es ist daher ein VM exklusives Netzwerk, indem jede VM ebenfalls eine individuelle IP benötigt. Dieser Netzwerktyp ist ebenfalls nur virtuell, nicht physisch.
Aufteilung von Netzwerkadaptern
Ein Hostsystem sollte nach Möglichkeit über mindestens zwei physische Netzwerkadapter bzw. Netzwerkports verfügen. Einer davon sollte dabei exklusiv für die Verwaltung des Managementsystems vorbehalten sein. Der Hintergrund dafür ist, dass eine VM einen gemeinsam genutzten Netzwerkadapter vollständig auslasten kann (z.B. große Dateitransfers). In dem Fall ist das Hostsystem nicht mehr erreichbar, da die vom Netzwerkadapter zur Verfügung gestellte Bandbreite bereits ausgeschöpft ist. Durch die Nutzung eines separaten Netzwerkports/Adapters ist sichergestellt, dass der Host auch bei starker Netzwerklast erreichbar bleibt.
Peripherie in Hyper-V
Ein Schwachpunkt von Hyper-V ist die Behandlung von nachträglich angeschlossenen Geräten. Über USB angeschlossene Massenspeicher können, nachdem sie im Host-System offline geschaltet wurden, an die jeweilige VM angeschlossen werden. Andere Peripherie, wie z.B. Dongles können nicht weitergegeben werden. Für Software die per Hardwaredongle lizensiert wird, ist Hyper-V (aktuell) keine Lösung. Alternativ kann ein Hardwaredongle per USB-LAN Konverter an die VMs eines Hyper-V-Hosts angefügt werden. Dadurch entstehen allerdings weitere Kosten durch die Anschaffung und den Betrieb eines solchen USB-Servers.
Zusammenfassung von Hyper-V
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Hyper-V eine gute Möglichkeit ist, um VMs zur Verfügung zu stellen. Microsoft arbeitet kontinuierlich daran, Hyper-V weiter zu verbessern. Vermutlich wird bereits an der USB Problematik, dem größten Schwachpunkt von Hyper-V, gearbeitet und soll mit dem nächsten Server-Release 2021/2022 Einzug halten.
Der Start mit Windows Hyper-V erfordert ein wenig Einarbeitung, da viele erweiterte Einstellungen einer VM nur mit der PowerShell gesetzt werden können. Ist dieser Einstieg geschafft, dann ist Hyper-V leicht und komfortabel einzusetzen.
Hier geht es zum Beispielprojekt mit Hyper-V und HPe DL380p Gen8